Eigene Utopien schaffen und Leben.
Der Sommer meint es dieses Jahr gut mir uns und schenkt uns seinen letzten warmen Tag für die fünfte Ausgabe von Auf anderen Pfaden. Im Garten des Hostel Eden flattern zitronengelbe Wimpel und Lichterketten erleuchten. Die Damen vom Eden kredenzen wieder leckere Getränke und die Vleischerei fährt, wie gewohnt, ihre Köstlichkeiten auf.
An diesem Abend wollen wir gemeinsam mit Euch Utopien erleben. Hierzu haben Ingrid und Fritz Hundt einiges zu erzählen. Denn sie besitzen einen Garten, der ihnen gar nicht gehört. Utopisch, oder?
Fritz Hundt scheint schon überall gewesen zu sein. Seine Erzählung leitet er mit einer Kuriosität über das Hostel und ein Schwein ein. Mit einem schelmischen Lachen folgt auch sogleich die Aufforderung „Na, das war ‘n Beifall wert“. Fritz Hundt wurde 1941 als eines von sieben Kindern geboren. Wie viele Familien dieser Zeit, flüchtete seine 1946 über Görlitz nach Leipzig. Hier lebt der ehemalige Lehrer auch heute noch mit seiner Ingrid in Grünau. Ingrid war früher Kindergärtnerin, und ist es bis heute sagt Fritz und deutet dabei auf sich.
Die Dynamik des Paares verzaubert uns alle. Es wird klar, dass die beiden schon immer interessiert an ihrer Umwelt waren und sich diese Neugier bis ins Alter bewahrt haben. Fritz hat so viele Standbeine, da driftet er in seinen Erzählungen gerne mal von seinem utopischen Garten ab. Doch daran stört sich keiner. Alle lauschen gespannt den Geschichten des witzigen Herren. Doch wie begann die Sache mit dem Garten? Ingrid sagt, zunächst haben sie kleine Baumsenker auf die Parkplatzinsel gepflanzt, doch diese wurden schnell von den Kindern zum Spielen „herausgezottelt“. Davon haben sich die Hundts aber nicht irritieren lassen. Heute ist der Park eine Anlaufstelle für die Bewohner der umliegenden Plattenbauten geworden. Kindergartengruppen kommen, vom anderen Ende der Stadt, zu Besuch und erfreuen sich an den 2.000 Ostereiern, die in den Bäumen und Büschen hängen.
Wir hätten den beiden noch ewig zuhören können. Am Ende gibt es für uns alle noch einen wichtigen Tipp in Sachen Beziehung: „In jeder Ehe braucht man Raum und Abwechslung“. Welch schönes Schlusswort. Besucht die Hundts in ihrer Oase mitten in Grünau im Frankenheimer Weg.
Hier erfahrt Ihr noch mehr zu Fritz und seinen anderen Standbeinen.
Greta Taubert hat sich das Ausprobieren von Utopien zur Aufgabe gemacht. Doch bevor uns die junge Journalistin davon erzählt, schreit sie uns erstmal den Refrain des KIZ Songs Hurra die Welt geht unter entgegen und spielt mit uns eine Art apokalyptisches Tabu.
Wie entstand in ihrem Kopf der apokalyptische Gedanke? Beim thüringischen Familienessen, mit allem was man sich an deftiger Kost so vorstellen kann auf dem Tisch, fielen Greta die drei Männergenerationen an der Tafel auf. Ihr Urgroßvater, Großvater und Vater haben alle eine unterschiedliche Ideologie erlebt, sowie den Untergang dieser. Wie kann ich mir so sicher sein, dass dieses jetzige System bestehen bleibt? Bin ich gewappnet für eventuelle Einschnitte in meinem Leben? Kann ich ohne Konsum überleben? Und schwupp, war die Idee des Selbstversuchs geboren.
Ein Jahr Konsumverzicht, wie geht das? Greta hat bei dieser Utopie vieles (über sich) gelernt. Sie kann jetzt jagen, kennt die besten Orte zum Containern und stand vor der Herausforderung Feinstrumpfhosen zu reparieren. Die Erkenntnis des Ganzen: ich bin nicht hilflos, ich brauche nicht unbedingt Geld. Ich kann verzichten und was ist eigentlich dieses Hobby namens Shopping?
Für dieses Experiment erhielt Greta viel Lob und Bewunderung. Wieso machen es dann nicht alle einfach? „Dafür habe ich keine Zeit“ war viele Male die Antwort. Und so stand das nächste Projekt auch schon fest. Sie wollte Zeitmillionärin werden. Ein Jahr lang sagte sie alle Aufträge ab und hatte Zeit um nichts zu tun. Dass das auch nicht das Gelbe vom Ei kann man sich recht schnell vorstellen. Also entschied sie sich, andere Zeitwohlständler zu treffen. Mittlerweile steht Greta wieder in Lohn und Brot, aber auch dieses Experiment hat ihr viele neue Einsichten gewährt. Sie nimmt Zeit nun reflektierter wahr, nutzt diese anders und gönnt sich auch ab und an mal gepflegt nichts zu tun.
Auf die Frage wie sich ihr Leben, in Sachen Zeit und Konsum, mittlerweile gestaltet, bekommen wir die Antwort: „Die Paste geht nicht mehr zurück in die Tube“. Mit ein paar kleinen Tricks kann jeder sein Leben und seinen Alltag in Details verändern. Wir probieren auf jeden Fall einige aus, weil Zeit kann schließlich jeder gebrauchen.
Hier lernt Ihr mehr über Greta Taubert, ihre Utopien und ihre Bücher.
Mittlerweile ist es dunkel geworden, doch noch immer ist es wunderbar warm. Wir lassen den Abend mit tollen Gesprächen und kühlen Getränken ausklingen und freuen uns schon auf das nächste Mal. Denn eines ist ganz und gar nicht utopisch: „Auf anderen Pfaden VI“.